Käthe Kollwitz ist zweifellos eine der bedeutendsten Frauen der letzten Jahrhunderte. Ihre Kunst ist völlig eigenwüchsig und trägt alle Merkmale des Genialen. Ihre Sprache verstehen die Menschen aller Zungen, während immerhin so bedeutende Meister wie z.B. Thoma und Menzel nur in Deutschland, oder allenfalls in den deutschsprachigen Räumen, eine dauernde Resonanz finden.
Bis auf ganz wenige zeitgebundene Aufträge ist das Werk der Kollwitz von zeitlosem Rang, es ist „für die Zeiten“, wie Nolde sagen würde. Selbst das Werk der für den Frühexpressionismus so bedeutungsvollen Paula Modersohn-Becker reicht – auch in der internationalen Ausstrahlung – nicht an die Bedeutung der Kollwitz heran.
Die große Spannweite ihres Schaffens umfasst ebenso die großen ernsten Lebensthemen – das Leid schlechthin, Not und Tod, Hunger und Krieg – wie auch die absolut heiteren, lichten Zonen des Lebens. Hierin unterscheidet sie sich z.B. von Barlach. Diese Polarität innerhalb ihres Schaffens ist viel zu wenig bekannt und wird durch unsere Ausstellung deutlich gemacht. Sie beweist, dass sie nicht aus einem Hang zu den dunklen Sphären des Lebens die düstere Thematik aufgriff und gestaltete. Auch der langen Reihe der äußerst eindrucksvollen Selbstbildnisse haftet nichts Bedrückendes, Selbstquälerisches an; im Gegenteil, sie sprengen fast den Rahmen vor Lebenskraft, Kühnheit und Selbstbewusstsein. Darüber hinaus sind sie aber ausnahmslos von großer Schönheit.
Hans Pels-Leusden
1867 Käthe Kollwitz wird am 8. Juli in Königsberg geboren1885 – 1890
Studien bei Stauffer-Bern (Berlin) und bei Herterich (München)
1890 Erste Radierungen
1891 Heirat mit dem Arzt Karl Kollwitz, der sich in Berlins Stadtteil Prenzlauer Berg (am heutigen Kollwitzplatz) niederlässt
1892 Geburt des Sohnes Hans
1893 Besuch der Aufführung des Dramas Die Weber von Gerhart Hauptmann, die sie zu ihrer grafischen Folge Ein Weberaufstand anregt (1893-98)
1896 Geburt des Sohnes Peter
1898 Ein Weberaufstand wird in der Großen Berliner Kunstausstellung gezeigt
1898 – 1903 Lehrerin für etwa 3 Jahre an der Künstlerinnenschule in Berlin
1902 – 1908 Radierfolge Bauernkrieg
1904 Aufenthalt in Paris; erlernt die Grundlagen plastischen Gestaltens an der Académie Julian
1907 Ein Jahr in Florenz (Villa-Romana-Preis)
1910 Erste plastische Arbeiten
1914 Sohn Peter fällt in Flandern (22./23. Oktober)
1917 Jubiläumsausstellung bei Paul Cassirer zum 50. Geburtstag in Berlin
1919 Mitglied der Akademie der Künste; erhält Professorentitel (ohne Lehrauftrag)
1920 – 1925 Entstehung vieler Plakate
1920 Erste Holzschnitte
1922 – 1923 Holzschnittfolge Krieg
1927 Reise nach Moskau
1928 Leitung des Meisterateliers für Grafik an der Akademie der Künste
1932 Einweihung des Kriegsmahnmals Die Eltern auf dem Militärfriedhof in Vladsloo, Flandern
1933 Wird gezwungen aus der Akademie auszutreten; verliert ihr Amt als Leiterin der Meisterklasse für Grafik
1934 – 1935 Lithografische Folge Tod entsteht
1936 Inoffizielles Ausstellungsverbot, Entfernung ihrer Werke aus öffentlichen Sammlungen. Vorwiegende Beschäftigung mit Kleinplastiken
1940 Tod von Karl Kollwitz
1943 – 1944 Verlässt Berlin wegen zunehmender Luftangriffe. Zunächst Unterkunft in Nordhausen, danach in Moritzburg bei Dresden
1945 Das Berliner Wohnhaus der Künstlerin wird bei einer Bombardierung vollständig zerstört
1945 Am 22. April stirbt Käthe Kollwitz 77 jährig in Moritzburg